Gastartikel: Die leidige Rolle von Frauen im Sportjournalismus

Kommentar

In dem Gastartikel von Naomi Owusu, Gründerin der Liveticker-App Tickaroo, wird die aktuelle Rolle von weiblichen Sportjournalisten in der deutschen Medienlandschaft durchleuchtet.

Wer erinnert sich nicht noch an die Bilder der Fußball-Weltmeisterschaft? An die Kommentatoren, die Interviewer, die Männer, die live vom Spielfeldrand berichteten? Doch wo waren eigentlich die weiblichen Sportjournalisten in Brasilien? Anscheinend waren Frauen bei der WM-Berichterstattung im deutschen Fernsehen nicht vorgesehen. Einzig Katrin Müller-Hohenstein, die bei der EM 2012 noch im Duett mit Oliver Kahn zu sehen war und nun durch Oliver Welke ersetzt wurde, durfte aus dem deutschen Mannschaftsquartierberichten und die Spieler interviewen. Frauen als Kommentatoren? Fehlanzeige!

Noch nie wurde ein Live-Fußballspiel von einer Journalistin kommentiert, obwohl viele Zuschauer eine weibliche Sprecherin befürworten würden und fast 50 Prozent der WM-Zuschauer Frauen sind. Bis heute stehen Journalistinnen in der Männerdomäne Sport im Abseits und könnensich nur schwer gegenüber ihren männlichen Kollegen behaupten. Doch woran liegt es, dass das weibliche Geschlecht in den Sportmedien so unterbesetzt ist? Carmen Thomas, ihrerseits erste deutsche Sportmoderatorin, gibt in einem Artikel in der taz an, dass gerade die Fußball-WM noch immer die heilige Kuh der Männer ist. Frauen müssten im Metier Sportjournalismus weit höheren Ansprüchen genügen als Männer. So müssen sie nicht nur fachlich kompetent sein, sondern dazu auch atemberaubend schön, mehrjährige Auslandserfahrung vorweisen können und idealerweise selbst erfolgreich im aktivem Sport gewesen sein. Hinzu kommen die familienunfreundlichen Arbeitsbedingungen, denn gerade Sportjournalisten arbeiten abends und sehr viel am Wochenende.

Obwohl es mit Katrin Müller-Hohenstein und Monica Lierhaus auch Journalistinnen gibt, die sich im Sport einen Namen gemacht haben, trägt auch die bisweilen noch konservative Einstellung vieler Zuschauer dazu bei, dass der Sport für viele Frauen ein hartes Pflaster geblieben ist. Frauen müssen viel intensiver arbeiten, dürfen sich im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen keine Fehler erlauben und bekommen in Sachen Sport schnell den Stempel "inkompetent". Man denke nur an die jahrelange Häme, die Carmen Thomas bei ihrem Versprecher von Schalke 05 widerfuhr.

Doch nicht nur bei Übertragungen, auch in den Sportredaktionen sitzen weit weniger Frauen als Männer. So sind beispielsweise beim WDR Sportmagazin "sport inside" nur 20 Prozent derMitarbeiter weiblich. Bei deutschen Tageszeitungen werden nur zwei Prozent aller Artikel vonSportjournalistinnen geschrieben. Im Fokus der Berichterstattung stehen zudem immer nochmännliche Sportarten. Beim Fußball ist das ganz gravierend. Gefühlt das ganze Land fieberte mit dem deutschen Team bei der WM in Brasilien mit und die öffentlich-rechtlichen Senderwidmeten der Ankunft des Weltmeisters und der anschließenden Siegesfeier am Brandenburger Tor eine mehrstündige Sondersendung. Frauen-Fußball hingegen ist nur eine kurze Meldung in den Nachrichten wert, mehr nicht. Aber auch in anderen Sportarten dominieren die Männermannschaften und somit die Berichterstattung. Als sich das deutsche Herrenteam bei der letzen Eishockey WM in Sotchi nicht nominieren konnte, verkauften die öffentlich-rechtlichen Sender sogleich ihre Rechte, und ignorierten dabei prompt das deutsche Fraueneishockeyteam.

Dass diese festgefahrenen Ansichten und Rollenklischees sich ändern müssen, beweisen Privatsender wie Sky, bei denen weibliche Moderatoren bei den Zuschauern gut ankommen,weil sie zu einer querdenkerischen Sportberichterstattung beitragen. Auch diese Moderatorinnen sehen natürlich - wie so oft im Fernsehen - überdurchschnittlich gut aus. Bisdort ebenso "normal-aussehende" Frauen moderieren dürfen, ist dann nochmals ein weiterer Quantensprung nötig. Eine weitere Chance für Frauen bieten die neuen Medien und sozialen Netzwerke, mit denen frischer Wind in die Welt des Sports und in das Berufsbild des Sportjournalisten kommt. Neuigkeiten über Spielstände und Spieler müssen nicht mehr nurüber die klassischen Kanäle wie Kommentatoren, Journalisten oder TV in Erfahrung gebracht werden. Über Realtime-Anwendungen wie Facebook oder Twitter kann jeder selbst zum Journalisten werden und News live mit Freunden und Fans teilen. Die klassische Journalistenrolle tritt somit in den Hintergrund. Dies eröffnet neue Chancen für mehr Gleichberechtigung in der Welt der Sportmedien, denn es hinterfragt niemand mehr, ob Inhalte von einer Frau oder einem Mann geteilt werden.

Es bleibt also abzuwarten, wie sich die klassischen Mediennutzung verändert und mit ihr die Rolle der weiblichen Sportjournalisten.

Über die Autorin:
Naomi Owusu ist Mitgründerin und Geschäftsführerin von Tickaroo, der persönlichen Liveticker-App für lokale Sportereignisse jeder Art. Fans und Vereinsverantwortliche können mit Tickaroo direkt vom Spielfeldrand als Hobby-Reporter mittickern. Wer nicht vor Ort sein kann, kann die Live-News über die App vom Smartphone oderComputer aus mitverfolgen. Die Tickaroo GmbH wurde im September 2011 in Donaustauf bei Regensburg von Naomi Owusu, Andreas Gerauer und Dr. Peter Dendl gegründet.