Studiengang-Akkreditierung :
Teurer Blödsinn

Jürgen Kaube
Ein Kommentar von Jürgen Kaube
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Was für ein Aufwand: Jeder der 18.000 in Deutschland angebotenen Studiengänge muss auf seine „Studierbarkeit“ geprüft werden.
Die Zulassung von Studiengängen liegt in Deutschland in der Hand privater Agenturen. Das Verfahren ist uneffektiv, teuer und schlecht geregelt. Letzteres hat nun auch das Verfassungsgericht bestätigt.

Das Bundesverfassungsgericht hat gerade die Akkreditierungsverfahren an deutschen Hochschulen verworfen. Seit längerem wird dort jeder Studiengang von auswärtigen Gutachtern daraufhin geprüft, ob er auch „studierbar“ ist. Das Gericht vermisst klare Regelungen für diesen Vorgang. Das ist stark untertrieben. Denn worum handelt es sich beim Akkreditieren? Zunächst um eine Unterstellung: Ohne ein solches Verfahren würden Studienordnungen entworfen, die nichts taugen. Wie aber ließ sich nur vor dem Jahr 2003, als das Akkreditieren in Schwung kam, ordentlich studieren?

Dann eine zweite Unterstellung: Die Güte eines Studienganges lasse sich anhand seiner Blaupause von Leuten feststellen, die sich ein Wochenende lang mit dem entsprechenden Antrag beschäftigen, um dann einen eintägigen Ortstermin wahrzunehmen. Wer jemals an so etwas teilgenommen hat, weiß um die Absurdität dieser Annahme. Des weiteren handelt es sich um eine gigantische Betriebsamkeit: Es gibt an deutschen Hochschulen derzeit gut 18.000 Studiengänge, die regelmäßig akkreditiert werden müssen.

Das lukrative Geschäft der Akkreditierung

Rechnet man drei Gutachter aus der Professorengruppe je Verfahren, ergibt sich ein Bedarf von 54.000 Personen alle fünf Jahre, die qua Aktenstudium, Ortstermin und Endbericht etwa drei Arbeitstage damit verbringen. Jährlich macht das 250.000 Stunden und also bei einer normalen Jahresarbeitszeit rechnerisch 150 deutsche Professoren, die überhaupt gar nichts anderes machen als zu akkreditieren. Schließlich ist die Akkreditierung ein Geschäft: für die privaten Agenturen, die sie organisieren. Bis zu 15.000 Euro nehmen sie pro Verfahren.

Auf das alte System der ministeriellen Genehmigung zurückprojiziert, hätte für diese Summe damals ein Beamter zwei Monate lang ausschließlich mit der Prüfung einer einzigen Studienordnung verbringen können. Natürlich ist heute alles von viel höherer Güte, insbesondere weil die Kollegen einander, ganz klar, völlig „sine ira et studio“ und ohne den Gedanken an die Rollenumkehr beim nächsten Mal evaluieren. Auch bekommt man selbstverständlich für diese Prüfungen, die im Nachrechnen von Transferpunkttabellen, im Auflisten von Kompetenzbeschreibungen und im Diskutieren darüber bestehen, ob Anglistikstudenten wirklich Englisch können müssen, nur die Besten.

Leider fehlen die dann in der eigenen Lehre und Forschung. Dafür werden Arbeitsplätze in der parastaatlichen Reisekostenabrechnung und überhaupt in der Verwaltung jener Agenturen geschaffen. Das Ganze läuft unter Titeln wie Entbürokratisierung durch Verlagerung von Staatstätigkeit in den privaten Sektor, New Public Management und Qualitätssicherung. Dass Karlsruhe nicht laut gelacht hat, beweist aber noch nicht, dass es kein schlechter Witz ist.