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Bjorn Troch in Kanada: Immer den Followern hinterher

Foto: Bjorn Troch

"Social Traveler" Bjorn Troch "Sei dankbar für alles!"

Bitte den Followern folgen: Der belgische Globetrotter Bjorn Troch vertraut keinem Reiseführer, sondern seinen Freunden im sozialen Internet. Seit über vier Jahren reist er ihren Empfehlungen hinterher. Jetzt durchquert er Kanada.
Von Ole Helmhausen
Zur Person
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Bjorn Troch, 35, "The Social Traveler", reist seit viereinhalb Jahren um die Welt. Er verzichtet auf Reiseführer und Internetrecherche und folgt dafür den Tipps und Empfehlungen seiner Social-Media-Follower. Sie geben ihm nicht nur Reisetipps, sondern laden ihn auch zu sich nach Hause ein, vermitteln ihm Jobs und stellen ihm Aufgaben. Derzeit durchquert er Kanada von Neufundland nach Yukon.The Social Traveler Facebook:The Social Traveler 

SPIEGEL ONLINE: Herr Troch, wo sind Sie gerade?

Troch: Auf Prince Edward Island im Osten Kanadas. Anfang August habe ich meine Kanada-Tour offiziell in St. John's begonnen, der Hauptstadt von Neufundland und Labrador.

SPIEGEL ONLINE: Sie nennen sich "The Social Traveler"  - was heißt das?

Troch: Ich bin Social Media Consultant. Irgendwann beschloss ich, Social Media und Reisen miteinander zu verbinden. Es ist ja das erste Mal überhaupt, dass weltweit so viele Menschen miteinander Kontakt haben. Ich beschloss, über Social Media auf Menschen zuzugehen und zu sehen, was passiert. Und ich bat die Leute, mir Aufgaben zu stellen.

SPIEGEL ONLINE: Welche zum Beispiel?

Troch: In Kanada soll ich das Gitarren-ABC lernen und mein Spritgeld mit Straßenmusik verdienen. Da ich nie zuvor ein Instrument gespielt habe, ist das eine Herausforderung. Jeden Tag lerne ich neue Griffe von Leuten, die ich unterwegs treffe, und kriege auch schon ein paar Lieder auf die Reihe.

SPIEGEL ONLINE: Sind die sozialen Medien wirklich sozial?

Troch: Die Leute sind zwar täglich viele Stunden auf ihren Social-Media-Kanälen unterwegs, doch echte Interaktionen finden kaum statt. Ich dagegen benutze Social Media als Tool, um fremde Menschen zu erreichen und, wenn möglich, auch zu treffen. Die Menschen haben so viel zu bieten, eine Mahlzeit daheim, eine gute Unterhaltung, einen Blick in ihren Alltag. Ohne solche richtigen Begegnungen vergessen Facebook-Freunde einen schnell, das ist schade.

SPIEGEL ONLINE: Sie sind ohne Reiseführer oder Travel-Apps unterwegs. Warum planen Sie nichts?

Troch: Ich habe schnell gelernt, dass nicht viel Zwischenmenschliches passiert, wenn ich strikt nach Plan reise. In Calgary habe ich eine junge Frau getroffen, die Freunde in Neufundland hat. Als ich dort ankam, haben diese Kontakt zu mir aufgenommen und mich prompt zu einem Ruderbootrennen mitgenommen. In St. John's empfahl mir jemand Erin's Pub, einen Treff der dortigen Musikszene. Am Abend lernte ich jemanden kennen, der mich zu einem Folkfestival mitnahm, dort wiederum traf ich jemanden, der ein Kajak besaß und mich zur Walbeobachtung in Trinity einlud. Das alles sind Zufallsbegegnungen, doch es gibt auch eine Konstante: Die Leute tun alles, damit du eine gute Zeit hast.

SPIEGEL ONLINE: Wie finanzieren Sie Ihre Trips?

Troch: Meine Community  ist im Laufe dieser viereinhalb Jahre so stark gewachsen und so aktiv, dass sich Unternehmen, Tourismusministerien und -Marketing-Organisationen bei mir einklinken und mich unterstützen. Beispielsweise hörte der Gitarrenbauer Gibson von meiner Gitarren-Challenge, stellte mir eine Gitarre zur Verfügung und führte mich in seine Sieben-Millionen-Mitglieder-Community ein.

SPIEGEL ONLINE: Ist Ihre Art zu reisen wirklich so einfach, wie es klingt?

Troch: Manchmal liegt der Teufel im Detail. Ich hatte beispielsweise nicht mit Problemen beim Anmelden meines alten Westfalia-Campers gerechnet, den ich in Montréal fand. Weil ich ihn in Kanada und später in den USA fahre und dazu Ausländer bin, wimmelten mich die kanadischen Versicherungen zunächst ab. Dann machte mich ein Facebook-Freund, den ich vier Jahre zuvor in Thailand kennengelernt hatte, auf eine Art Verbraucherschutzverein aufmerksam. Der hat das dann geschafft.

SPIEGEL ONLINE: Kann jeder so reisen wie Sie?

Troch: Ja, aber man muss sich schon darauf vorbereiten: Du musst Stereotype killen, offen sein. Wenn du das bist, fangen die Leute schnell an, mit dir zu reden. Tatsächlich will jeder andere Menschen kennenlernen. Respektiere die Leute, mit denen du sprichst. Dränge dich ihnen nicht auf und sei dankbar für alles, was du bekommst. Wenn du deinem Bauchgefühl vertraust, liegst du selten daneben. Und wenn sich eine Begegnung merkwürdig anfühlt, drehst du dich einfach um und gehst.

SPIEGEL ONLINE: Was sind für Sie die größten Lektionen des Social-Traveler-Projekts?

Troch: Ich lasse mich nicht mehr so schnell aus der Ruhe bringen, weil ich mit allem um mich herum zufrieden bin. I go with the flow. Ich mache mir keine Sorgen, wenn es einmal keine Unterkunft gibt. Solange Menschen um mich herum sind, die ich fragen kann, gibt es keine Probleme. Man muss nur bereit sein, immer wieder seine Komfortzone zu verlassen. Ich habe gelernt, mich auf Fremde zu verlassen, mich ihnen anzuvertrauen. Ein Smartphone gibt dir nur Informationen, ein Mensch aber schenkt dir außerdem Erfahrungen und Erinnerungen. Nur gemeinsames Erleben macht das Leben wirklich lebenswert.

SPIEGEL ONLINE: Wie sind Ihre Erfahrungen in Kanada bis jetzt?

Troch: Kanada ist klasse! Die Menschen hier sind fantastisch. Sie sind hilfsbereit und zu Recht stolz auf ihr Land. Die kulturelle Vielfalt hier ist beeindruckend, das Gemeinschaftsgefühl stark ausgeprägt. In St. John's und Cape Breton Island in Nova Scotia gibt es Live-Musik praktisch an allen Ecken. Wenn du hier in eine Kneipe gehst, triffst du Menschen aller Altersgruppen, die einfach Spaß miteinander haben. Hier auf Cape Breton geriet ich in eine nächtliche Seglerparade, für die alle Skipper ihre Boote mit Laternen geschmückt hatten. Anschließend ging es zur Jam-Session in den nächsten Pub.

SPIEGEL ONLINE: Glauben Sie, dass Ihr Camper die 9000 Kilometer in den Yukon durchhält?

Troch: Nein! Aber das ist schon okay. Eine Autopanne ist auch eine Gelegenheit, neue Leute kennenzulernen. Seitdem ich mit dem Tandem in Südostasien unterwegs war, weiß ich: Die besten Geschichten passieren, wenn etwas nicht funktioniert!