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City-Ikea: Mit Sackkarren zum Möbelkauf

Foto: Daniel Reinhardt/ dpa

Ikea in Hamburgs City Das schwedische Experiment

Ikea hat in Hamburg seine weltweit erste Filiale in einer Fußgängerzone eröffnet. Zu den befürchteten Protesten kam es nicht. Der eigentliche Test für den schwedischen Möbelkonzern steht allerdings noch aus.

Hamburg - Markus und Hektar heißen die ersten Passagiere. Ein Fahrradkurier wird die beiden - einen Schreibtischstuhl und eine Hängelampe - von der neuen Ikea-Filiale im Hamburger Stadtteil Altona auf einem mächtigen, zwei Meter langen Fahrradanhänger zu ihrem neuen Besitzer transportieren. Durch Fußgängerzone und Hamburger Innenstadt. Das Auto kann zu Hause bleiben.

Der Fahrradkurier ist Teil des Lieferkonzepts, das der schwedische Möbelkonzern Ikea für seine weltweit erste Filiale in einer Fußgängerzone entwickelt hat, die am Montag in der Hansestadt eröffnet wurde. Auf der ganzen Welt gibt es insgesamt 300 Ikea-Filialen, davon 48 allein in Deutschland. In der Regel liegen sie verkehrsgünstig in der Nähe von Autobahnausfahrten. Altona ist der erste Versuch, in Innenstädten zu expandieren. Ein schwedisches Experiment.

Dass ein so zentral gelegener Möbelkoloss ein heikles Unterfangen ist, hat der Konzern nach vielen Protesten verstanden - selbst wenn ein Bürgerentscheid 2010 zugunsten der Schweden entschieden wurde. In der S-Bahn-Station Altona sind die steinernen Wände nun mit bunten Ikea-Stoffen verhängt. Darauf prangt der Slogan einer Kampagne, mit der Ikea sich in seinem Umfeld mit einer Wohlfühloffensive Freunde machen will: "Hej Nachbarn. Dürfen wir es euch ein bisschen schöner machen?" Wenige Tage vor der Eröffnung lud die Möbelhauskette die Anrainer zu einem Nachbarschaftsfest ein und um Einigkeit mit den Einzelhändlern in der Fußgängerzone zu demonstrieren, wirbt die Filiale mit gemeinsamen Aktionen.

Die Taktik scheint zu verfangen, der Protest gegen den Ikea-Bau wirkt an diesem Montag fast wie weggeblasen. Am Morgen der Eröffnung jedenfalls ist der 18.000-Quadratmeter-Bau bereits sehr gut gefüllt. Die Stimmung der Kunden: ausgelassen und fröhlich. Nur vor dem Gebäude finden sich einige Protestler, für den Nachmittag war eine kleine Demo angekündigt.

Anna Bergschmidt gehört zu den Kritikern vor der neuen Ikea-Filiale. Die 35-Jährige verschenkt zusammen mit Freunden aus dem Arbeitskreis lokale Ökonomie gebrauchte Möbel. Sie und ihre Mitstreiter wollen offenbar zum Ausdruck bringen, wie unnötig ein weiteres Möbelgeschäft in Hamburg - und dann auch noch in der City - ist. "Stellen Sie sich vor", sagt Anna Bergschmidt, "gerade kam eine junge Frau aus dem Ikea, hat ihre Einkäufe auf ihr Fahrrad geschnallt und bot mir dann eine Box an, die sie nicht mehr transportieren konnte." Die rosa Pappschachtel, gefaltet etwa einen Quadratmeter groß, lehnt seitdem herrenlos neben einem Mülleimer in der belebten Fußgängerzone.

Angst vor verstopften Straßen und Parkplatzproblemen

Bergschmidt wollte die Box auch nicht haben. Sie freut sich fast ein bisschen über diese Geschichte, die für sie so toll illustriert, dass Ikeas Innenstadt-Lieferkonzept gescheitert ist. Steigende Mieten und Gentrifizierung, die Vergabe von öffentlichem Raum an private Investoren, unnachhaltige Stadtentwicklung und Verkehrsprobleme - die Liste ihrer Vorwürfe ist lang.

Viel Verkehr befürchtet auch Elisabeth Meyburg. Die 68-Jährige schaut skeptisch zum mehrstöckigen Parkhaus empor, das auf der Rückseite des Ikea-Hauses steht. Im Zehn-Sekunden-Takt schrauben sich die Autos zu den obersten Etagen hoch. "Die vielen Autos sind auf jeden Fall eine Zumutung", sagt sie. Mit verstopften Straßen und einer noch schwierigeren Parkplatzsuche, vor allem am Samstag, rechnen auch andere Bewohner Altonas.

Ikea gibt sich optimistisch. Die Hälfte der Kunden werde die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen. Für den Rest dürften die knapp 800 Parkplätze ausreichen. Ob das Experiment glückt, wird sich schnell zeigen.

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