Nur ein Wochenende nach der Veranstaltung ”Hockenheim Historic” dröhnten im Motodrom von Hockenheim bereits wieder die historischen Motoren. Es ging um den Preis der Stadt Stuttgart und das Rennprogramm verhiess Rundstreckenrennen und Gleichmässigkeitsläufe der unterschiedlichsten Kategorien vom Formelauto bis zum Langstreckenrenner, vom Tourenwagen bis zum Racekart. Sogar moderne Serien figurierten im Programm, so dass sich die Zuschauer sicher nicht über Eintönigkeit beklagen konnten.
Während der Freitag, der vor allem den Trainingsläufen gewidmet war, mit teilweise sintflutartigen Regenschauern aus dem Rahmen fiel, erfreuten Samstag und Sonntag mit besten Wetterbedingungen.
Der ganze Anlass erinnerte ein wenig an die englischen Clubrennen von früher, die Atmosphäre war familiär, die Streckenposten zeigten ihre Freude an den vielfältigen Rennfahrzeugen, die Teilnehmer halfen sich, wo es ging.
Zwerge mit grossem Auftritt
Völlig neu aufgestellt hatten sich die Kleinsten des Rennwochenendes, die Zwerge. Während die Läufe letztes Jahr noch nach dem Gleichmässigkeits-Reglement (GLP) ausgetragen worden waren, wird im Jahr 2015 nun im Rennmodus gefahren. Damit kommen die Organisatoren vom Kampf der Zwerge e.V. dem Wunsch vieler Fahrer nach, die sich auf der Strecke im direkten Zweikampf messen möchten. Nebenbei macht das den Wettbewerb auch für die Zuschauer einfacher. Denn wer als erster in Ziel fährt hat gewonnen.
Die Änderung hat sich jedenfalls nicht negativ auf das Teilnehmerfeld ausgewirkt, 50 Nennungen wurden für die Saison gemeldet, in Hockenheim starteten 37 Fahrzeuge. Um faire Verhältnisse zu schaffen, starten die Zwerge in vier Rennkategorien, in der Abarth Coppa Mille, der British Car Trophy, der NSU TT Trophy und im 1300 Histo Cup.
Mini oder NSU TT?
Auf dem Hockenheimring zeigten sich die 1300-er Minis, die nach dem Vorbild der britischen Renn-Minis aufgebaut werden, etwas schneller als die NSU TT, die den britischen Mini nur bei den richtigen Bedingungen das Wasser reichen können.
Konrad Beckmann war einer der Mini-Fahrer, er ist seit 2006 durchgehend dabei, wurde 2008 sogar Meister, obschon er der älteste Fahrer im Feld ist. Seinen Cooper S aus dem Jahr 1969 bringt er seit 2007 an den Start. Im Training riss leider die Antriebswelle, so dass Beckmann von ganz hinten starten musste. Im zweiten Lauf fuhr er dann zurück ins Vorderfeld.
Roland Müller hatte mit seinem NSU TT mehr Ärger. Der Motor wurde bereits im Training sauer, bis zum Start von Lauf 1 war er aber wieder fit. Nach einer Aufholjagd von hinten bis auf Platz 7 machte das Aggregat im Heck aber erneut Kummer - Ausfall. Den zweiten Lauf musste Müller dann von der Sachs-Tribune als Zuschauer geniessen. Bis zum nächsten Rennen in Oschersleben hat er genau drei Wochen, um den Motor wieder flottzukriegen.
Erwartungsgemäss schwangen die britischen Mini Cooper obenauf, in spannenden Kopf-an-Kopf-Zweikämpfen konnte sich James Lindridge gegen Damen Astin schliesslich zweimal als Sieger durchsetzen.
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Exoten der Langstrecke
Der Fahrer des konzeptionell schnellsten Wagens stand auch am Ende des FHR Langstrecken-Laufs zuoberst auf dem Podest. Felix Haas bewegte seinen Chevron B16 aus dem Jahr 1970 mit Bedacht und kam ohne grosse Probleme durch das Wochenende. Mit 640 kg und rund 260 PS war ihm kein Gegner gewachsen, obschon er auf besondere Einstellfahrten vor dem Preis von Stuttgart verzichtet hatte. Er konnte es sich sogar leisten, den Chevron etwas weicher abzustimmen, als es für optimale Rundenzeiten sinnvoll gewesen wäre. Aber Haas' Ziel war ein sicheres Ankommen in den beiden bestrittenen Rennen - er siegte denn auch beim Lauf der HTGT - und ein weicheres Setup schont Wagen und Fahrer.
Ebenfalls am Start beim FHR-Langstreckenlauf war Stefan Kremer im einzigen Lotus Europa. Dabei handelt es sich um einen S2 mit 1600-er-Renault-Motor. Der Wagen zeigte sich nicht ganz unproblematisch, weshalb die Mechaniker-Crew intensiv am Schrauben war. “Ich mag Hockenheim nicht so sehr”, liess sich Kremer vernehmen, “die Strecke ist zu sehr auf dem Reissbrett für die Formel 1 entstanden, Spa ist mir da mit seinen Hügeln lieber”. Ganz zufrieden sein konnte er mit dem Abschneiden nicht, denn er hatte sich wohl mehr als Platz 17 erhofft.
Vielfalt bei den “Jungen”
Ein Wiedersehen mit vielen selbst jüngeren Generationen noch geläufigen Automobilen gab es in den beiden Rennen zur Youngtimer Trophy.
Da fanden sich Ford Escort RS 2000, BMW 2002 Ti, Opel Ascona A, Peugeot 205 GTI, VW Scirocco, Suzuki Swift, Toyota Corolla, Porsche 924 und sogar ein VW Derby in der “kleinen Division”, während beim zweiten Rennen ein Porsche 935 K1 gegen eine Horde von 911er, einen BMS 635 CSI, ein halbes Feld von BMW M3 und ein paar “Exoten” von Schlage eines Mercedes-Benz 190E 2.3-16, Opel Kadett GT/E oder Porsche 944 Turbo Cup antrat.
Der schnelle Daniel Schrey dominierte erwartungsgemäss auf dem 935 K1 im Rennen 18, während Vorjahres-Vizemeister Fröhlingsdorf-Leiendecker im Ford Escort RS 2000 das Rennen 16 knapp vor Roland Portmann auf dem BMW 2002 TI beenden konnte.
Die Technik als Herausforderung
Fahrerisch setzt der Hockenheimring bekanntlich überschaubare Herausforderungen, eher vor Schwierigkeiten stellte manchen Teilnehmer die Technik. Erich Stahler etwa war mit seinem exotischen Marcos 1800 GT aus dem Jahr 1964 im Rahmen der HTGT am Start. Sein Wagen besitzt ein Holzchassis und eine Kunststoffkarosserie. Bei den Testfahrten “verlor” er das Getriebe, so etwas sollte sich natürlich in Hockenheim nicht wiederholen.
“Als Höchstgeschwindigkeitskurs ist der Hockenheimring nicht optimal für den Marcos, vor allem die Parabolica ist sehr schwierig zu fahren, die Spitzkehre fordert die Bremsen aufs Äusserste und gleichzeitig muss mit der Spitze-Hacke-Technik heruntergeschaltet werden (während mit den Zehen des rechten Fusses gebremst wird, wird mit der Ferse dosiert Zwischengas gegeben). Da die Pedalerie beim Marcos eine dünne Aluminium-Konstruktion ist, verzieht sie sich bei harter Betätigung”, erklärte Stahler mit Blick auf den schönen englischen Sportwagen. Sein Ziel war es, das Fahrzeug durchzubringen, doch nach 13 Runden war sein Rennen bereits zu Ende.
Mit technischen Problemen kämpfte auch Wolfgang Sommer, der mit einem Ford Capri 2.6 RS, einem Liebling der Zuschauer, im Langsreckenrennen am Start war. Die neuen Radlager schwächelten bereits von Anfang an, was wohl auf mangelnde Materialqualität zurückzuführen war. Beim Training ereignete sich ein Motorschaden, der aber über Nacht repariert werden konnte. Auch Sommer zeigte sich nicht als grosser Anhänger des Hockenheimrings: “Das brutale Herunterbremsen nach der Parabolika ist nicht gut für unsere alten Autos”.
Bezahlbarer historischer Motorsport
Beim Preis der Stadt Stuttgart wurde gezeigt, dass historischer Rennsport auch mit kleinen Budgets betrieben werden kann und dass der Spass nicht auf der Strecke bleibt, wenn man keine Millionen in seinen Rennwagen investieren will.
Besonders günstiger Motorsport ist mit einem Mini SPI im Kampf der Zwerge möglich. Die Minis der Baujahre 1992 bis 1996 gibt es - je nach Zustand - für 3.000 bis 5.000 Euro. Hinzukommen die Kosten für die Sicherheitsausrüstung, die aus Überrollkäftig, Gurten und Feuerlöscher besteht, und fertig ist der Rennwagen. Denn Tuning oder spezielle Rennreifen sind in dieser Fahrzeugklasse nicht erlaubt. Die Rennabstimmung reduziert sich bei diesen Rennwagen auf die Justierung des richtigen Luftdrucks, um die letzten Zehntelsekunden auf der Strecke zu finden. Wobei das kein Muss ist, denn im Kampf der Zwerge steht auch unter Rennbedingungen die Kameradschaft im Mittelpunkt. Es gibt - wie Tom Schwede, der permanente Streckensprecher der Serie - berichtet, gerade im Kampf der Zwerge einige Rennfahrer, die laden ihr Fahrzeug am Freitag ab und beschränken sich bei der Abstimmung auf die richtige Menge Kraftstoff im Tank. Statt verbissen nach Erfolg zu streben, steht am Rennwochenende das Treffen mit Gleichgesinnten im Mittelpunkt.
Für die wenigen Zuschauer aber zählte vor allem Aktion auf dem Rundkurs, und da ist es eben ein Riesengaudi, wenn der Mini das Hinterrad anhebt in der Kurve, der BMW 2002 ti mit dem Vorderrad um die Kurve driftet”, grinst Schwede, der sich über ein internationales Starterfeld beim Kampf der Zwerge freut.
Wo aber bleibt das Publikum?
Eine gelungene Veranstaltung also, dieser Preis von Stuttgart. Da fragt man sich nur, wo denn die Besucher blieben. Einige wenige hatten sich in der Sachs-Kurve eingefunden, die übrigen Tribünen aber zeigten sich grösstenteils leer. Unklar ist, warum denn die Fans des historischen Motorsports nicht nach Hockenheim gefunden haben. Möglicherweise war die Techno Classica am selben Wochenende für manchen Oldtimerfan wichtiger? Aber vielleicht fehlt es ja einfach an etwas gezielter Promotion für diese Veranstaltung ... Verdient hätte sie es auf jeden Fall.
Alle Ergebnisse der einzelnen Rennen können hier eingesehen werden.