Wer ist eigentlich schuld an dem niedrigen Milchpreis? Letztlich sind es die Milchbauern selbst. Die optimistische Seite: der Milchpreis wird wieder steigen. Das kann allerdings ein paar Jahre dauern, aber es wird unweigerlich geschehen. Das ist das Gesetz des „Schweinezyklus“, den man genauso gut „Milchzyklus“ nennen könnte.

Wirkungen von Preisänderungen treten oft erst mit zeitlichen Verzögerungen ein. Diese Gegebenheiten führen zu sogenannten Schweinezyklen. Ist das Angebot an Schweinen knapp, so steigen die Preise. Dies induziert bei den Landwirten eine Erhöhung der Produktion von Schweinen. Diese Produktionsausweitung kommt jedoch erst nach etwa einem Jahr zur Geltung. Mit einiger Wahrscheinlichkeit werden zu diesem Zeitpunkt zu viele Schweine angeboten, sodass die Preise wieder sinken. Das wiederum leitet die Bauern an, weniger Schweine zu mästen. Und ein Jahr später, wenn das verminderte Angebot wirksam wird, gehen die Preise erneut nach oben. Und so läuft es endlos weiter.

Der gleiche Mechanismus gilt für den Milchzyklus. Nur dauert es etwas länger, da die Milchkühe der Zukunft erst gezüchtet werden müssen. Dazu braucht man zunächst Kälber, die neun Monate brauchen, um auf die Welt zu kommen. Bis die Kälber dann zu Milchkühen heranwachsen, vergehen wiederum einige Jahre. Im Mail 2011, also vor fünf Jahren, lag der Milchpreis bei rund 35 Cent pro Liter. Im Mai 2016 fiel der Preis unter 20 Cent, das ist ein Rückgang von fast 50 Prozent. Diesen Preiskollaps werden viele Milchbauern nicht verkraften.

Die Ursache liegt natürlich darin, dass die hohen Preise der vorangegangenen Jahre zu Überkapazitäten geführt haben. Genauso wird das aktuelle Preisniveau zu Kapazitätsabbau führen, und in fünf Jahren dürften die Milchpreise wieder bei 40 Cent liegen. Dann wird die Milcherzeugung erneut lukrativ. Es wird mehr Kälber, mehr Kühe und mehr Milch geben. Und so geht es endlos weiter.

Verschärfend kommt hinzu, dass die Nachfrage nach Milch wenig preisempfindlich ist. Ein höheres Angebot zu niedrigeren Preisen führt also nicht zu großen Nachfragesteigerungen, sondern nur zu gigantischen Umsatzeinbußen der Bauern. Niemand trinkt wesentlich mehr Milch oder isst mehr Butter, nur weil diese billiger sind.

In der aktuellen Misere ertönt der Ruf nach dem Staat – und wird vermutlich erhört. Subventionen lösen aber das Problem letztlich nicht. Sie verhindern den Kapazitätsabbau und sorgen für anhaltende Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage.

Prof Hermann Simon
Quelle: Simon Kucher & Partner

Was kann der einzelne Bauer tun? In Zeiten hoher Milchpreise sollte er zurückhaltend sein, seine Kapazitäten zu erhöhen. Und er ist gut beraten, ein Finanzpolster für die unvermeidlichen Niedrigpreisphasen anzulegen. Wenn der Preis auf dem aktuellen Niveau liegt, geht es für ihn nur noch ums Überleben. Für dieses ist das Finanzpolster entscheidend.

Eines steht für mich außer Zweifel: Auch in Zukunft werden wir genug Milch bekommen, allerdings dann wieder zu höheren Preisen, bevor diese um 2025 herum erneut im Keller sind.

Foto oben: Milchkuh Molly von Ekosem-Agrar, Pressefoto

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