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Panama-Affäre der Bundesdruckerei Schäubles leere Worte

Auf dem Höhepunkt der Panama-Enthüllungen hatte Finanzminister Schäuble versprochen, die Briefkasten-Affäre der staatlichen Bundesdruckerei aufzuklären. Doch daraus wird wohl nichts.
Finanzminister Schäuble

Finanzminister Schäuble

Foto: Olivier Hoslet/ dpa

So kann man sich täuschen. Besser gesagt: enttäuscht werden. Von einem Staatskonzern, der viel verspricht, aber seine Versprechen offenbar schnell vergisst. Und einer Staatsanwaltschaft, von der man sich ohnehin nicht viel versprechen durfte.

Erst sieben Wochen ist es her, da schrieb der Whistleblower Alberto P. aus Amerika eine E-Mail und jubelte: "Heute ist einer der glücklichsten Tage meines Lebens." Jahrelang hatte er den Chefs der Berliner Bundesdruckerei sein Intimwissen über schmuddelige Panama-Deals des Konzerns angedient. Jahrelang war er damit gegen die Wand gerannt. Niemand wollte mit ihm sprechen. Nicht der Aufsichtsrat, nicht das Finanzministerium, das die Staatstochter beaufsichtigt.

Jetzt aber war in den Panama Papers endlich mit Urkunden belegt, was Alberto P. die ganze Zeit behauptet hatte: dass der Ex-Auslandschef der Bundesdruckerei, Jörg Baumgartl, offenbar hinter Briefkastenfirmen in Panama stand. Dass er sie lenkte, obwohl er das immer bestritten hatte, sogar vor Gericht in zwei eidesstattlichen Versicherungen. Und starke Indizien, dass er sich persönlich die Taschen vollgemacht hatte, gab es auch noch. Was für ein Tag für Alberto P. Jetzt würde doch sicher alles anders werden. Oder?

Tatsächlich sprach Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble im Fernsehen von neuen Informationen, es werde "jetzt mit Hochdruck aufgeklärt". Einen Tag später ließ der Konzern Baumgartl, inzwischen bei einer Tochterfirma, von seinen Aufgaben freistellen. So lange, bis alles aufgeklärt sei. Und an die Aufklärung hatte der Konzern angeblich nicht nur die Innenrevision gesetzt und Anwälte von außen verpflichtet. Man habe die Staatsanwaltschaft Berlin gebeten, die Sache zu übernehmen, so stand es in einer Presseerklärung. "Die Bundesdruckerei unterstützt die Staatsanwaltschaft bei ihren Ermittlungen."

Hehre Worte. Leere Worte.

Prüfvorgang ohne Ermittlungsverfahren abgeschlossen

Als der SPIEGEL nun bei der Staatsanwaltschaft nachfragte, hieß es zunächst, die Bundesdruckerei habe sich bei ihr gar nicht gemeldet. Der Eingang eines Schreibens lasse sich nicht nachvollziehen. Erst im dritten Suchlauf fand die Behörde in ihrer Ablage einen Brief, eingegangen am 12. April. Doch richtig ernst war der offenbar nicht gemeint: Es handelte sich nicht um eine Strafanzeige gegen Manager Baumgartl. Die Sache ging nur als lauer Prüfvorgang zu den Akten. Der Brief enthielt lediglich einen Hinweis auf die "Tagesschau"; dort seien Panama-Papiere zu sehen gewesen, wonach Baumgartl hinter einer Briefkastenfirma stand. Der zweite Vorwurf dagegen - eine persönliche Bereicherung mit Geldern, die aus Panama in die Schweiz und dort offenbar in Baumgartls Taschen gingen - wurde nicht mal erwähnt.

Als reine Augenwischerei entpuppt sich auch das Versprechen, dass der Konzern "die Staatsanwaltschaft bei ihren Ermittlungen unterstützt". Welche Ermittlungen? Es gibt keine. Seit die Staatsanwaltschaft Berlin 2010 ein Verfahren gegen den Konzern eingestellt hat, ist ihr Interesse an einer Neuauflage bescheiden, egal was an Neuigkeiten auf den Tisch kommt. Das Risiko, dass sich die Strafverfolger für den verdrucksten Brief der Bundesdrucker interessieren würden, war deshalb von vornherein gering. Die Bestätigung liefert nun eine Sprecherin der Behörde: "Der Prüfvorgang wurde ohne Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wieder abgeschlossen." Die Staatsanwaltschaft wird die dubiosen Panama-Geschäfte des Staatskonzerns also nicht mehr aufklären.

Ein Brief für die Kulisse, ein angebliches Verfahren, das es nicht gibt - aber wie steht es um die internen Ermittlungen der Bundesdruckerei? Innenrevision? Externe Anwälte als Aufklärer? Wenn der Whistleblower Alberto P. neue Papiere habe, könne er sie dem Aufsichtsrat schicken, schrieb ihm ein Rechtsanwalt im Auftrag des Gremiums. Das war alles. Mit dem Insider sprechen will weder der Vorstand noch der Aufsichtsrat, und das trotz der von Schäuble angekündigten Aufklärung unter "Hochdruck".

Was zudem für eine Alibiprüfung spricht: Der Konzern und das Finanzministerium wollen partout nicht verraten, welche externe Anwaltskanzlei eingeschaltet ist. Ob Siemens, die HSH Nordbank oder der Deutsche Fußball-Bund, sie alle gingen offen damit um, wer ihre internen Skandale aufklärte. Der Bund aber macht daraus ein Staatsgeheimnis. Selbst die Frage, ob Manager Baumgartl, der alle Vorwürfe bestreitet, immer noch freigestellt ist, ließen Bundesdruckerei und Ministerium offen.

Im April schrieb Alberto P. nun erneut alle Aufsichtsräte an, darunter Finanzstaatssekretär Werner Gatzer und seinen Mitarbeiter Bruno Kahl, inzwischen befördert zum neuen BND-Chef. "Die Wahrheit muss ans Licht", schrieb P., "mein Angebot steht, Ihnen mit einer sauberen, unabhängigen und objektiven Untersuchung zu helfen." Auch Minister Schäuble stand im Verteiler, so wie bei einer früheren Alarmmail. Aber glaubt man Schäuble, wusste er von all den Warnungen auch an seine Adresse angeblich nichts: "Mich selbst hat es in der Tat nicht erreicht", behauptete der Minister im Fernsehen. Die Anwälte von Alberto P. haben einen Verdacht: dass Schäuble nicht erreicht werden wollte.