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Von wegen fair Berliner Start-ups zahlen Frauen 25 Prozent weniger als Männern

Junge Firmen aus der Hauptstadt geben sich gern fortschrittlich. Doch beim Gehalt herrscht Machokultur: Die Lohnkluft zwischen Frauen und Männern übertrifft laut einer Umfrage sogar den deutschen Durchschnitt.

Jung, hip, kreativ und dabei progressiv? Wenn es ums Gehalt geht, behandeln deutsche Start-ups ihre Mitarbeiter auch nicht fairer als klassische Unternehmen - im Gegenteil. Das mittlere Einkommen männlicher Vollzeitangestellter in Berliner Start-ups liegt bei 3333 Euro, weibliche Angestellte kommen im Mittel auf 2500 Euro.

Die Zahlen entstammen einer großen Gehaltsumfrage unter Start-ups , die der Branchendienst BerlinStartupJobs zusammen mit der Hochschule Aalen und dem Karriereportal Jobspotting durchgeführt hat. An der Umfrage haben insgesamt 3388 Mitarbeiter aus der deutschen Tech-Szene teilgenommen, 63 Prozent arbeiten bei Start-ups, rund 60 Prozent leben in Berlin.

Die Lohnkluft in der Start-up-Branche ist der Umfrage zufolge sogar größer als in der deutschen Durchschnittsfirma. In Berlin verdienen Frauen fast 25 Prozent weniger als Männer. Laut der Statistikbehörde Eurostat liegt das durchschnittliche geschlechterspezifische Lohngefälle in Deutschland bei 22,4 Prozent.

In dem Gehaltsreport finden sich zudem umfassende Angaben darüber, wie viel man bei einem Start-up in welcher Position verdient. Das mittlere monatliche Bruttoeinkommen für Einstiegspositionen liegt demnach bei 2337 Euro. Arbeitnehmer mit drei bis fünf Jahren Berufserfahrung beziehen ein monatliches mittleres Einkommen von 3080 Euro.

Wer sechs bis zehn Jahre Erfahrung aufweist, verdient ein mittleres Einkommen von 3845 Euro, Befragte mit mehr als zehn Jahren Erfahrung gaben ein mittleres Einkommen von 4603 Euro an. Die Gehälter variieren je nach Aufgabe stark

Üppige Einkommen sind das nicht - zumal die Arbeitszeit in einem Start-up öfter über der eines herkömmlichen Bürojobs liegen dürfte. Mitarbeiter von Berliner Start-ups hätten denn auch oft das Gefühl, dass ihr Gehalt unterhalb ihres Marktwertes liege, heißt es in der Untersuchung.

Besonders prekär sind die Arbeitsverhältnisse für Praktikanten. Von der Einführung des Mindestlohns scheinen diese kaum zu profitieren. Viele Start-ups nutzten rechtliche Schlupflöcher, um die Gehälter von Praktikanten zu drücken, heißt es in der Studie.

Denkbare Schlupflöcher gibt es viele. Zum Beispiel Scheinselbstständigkeit: Was vor dem Mindestlohn ein Praktikant war, ist heute der Werkstudent oder Freelancer, sagt Robin Eric Haak, Geschäftsführer von Jobspotting. In der Szene werde auch kolportiert, dass manche Start-ups Verträge für 20 Stunden aufsetzten, den Praktikanten aber 40 Stunden arbeiten ließen.

Insgesamt sind Start-ups dennoch attraktive Arbeitgeber. Trotz relativ geringerer Einkommen seien Befragte, die in Start-ups arbeiten, nach eigenen Angaben zufriedener als Befragte, die nicht in Start-ups tätig seien, heißt es in der Studie.

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manager-magazin.de / Wochit