Vernetzung: Internet of Bockmist

Ein Safe mit WLAN. Schuhe, die per App zugemacht werden. Schalter, die nach Druck auf einen Smartphone-Button einen anderen Schalter betätigen. Willkommen im Jahr 2016.

Artikel von Patrick Beuth/Zeit Online veröffentlicht am
Vernetzung: Internet of Bockmist
(Bild: Digitsole & Zhor-Tech)

Da hat man es eilig und muss schnell aus dem Haus, und dann das: Die App zum Schließen der Schuhe verlangt ein Update, der Trinkflaschen-Akku muss aufgeladen werden und der Navigations-Hut passt nicht zum Mantel.

Wer kennt das nicht?

Na gut, noch kennt das glücklicherweise niemand. Aber das wird sich möglicherweise bald ändern. Denn diese Dinge existieren bereits. Der GPS-Zylinderhut ist zwar nur ein Projekt von Studenten der Cornell University. Der App-gesteuerte Smart-Schuh von Zhor Tech und die Wasserflasche mit Bildschirm von LifeFuels jedoch werden gerade auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas gezeigt. Irgendwann soll irgendjemand sie kaufen.

Das inoffizielle Motto der CES lautet nicht erst seit diesem Jahr: Alle Gegenstände müssen smart werden. Wobei smart in diesem Kontext heißt: Sie brauchen Internetzugang, einen Haufen Sensoren oder im besten Fall beides. Was nicht bei drei auf dem Baum ist, wird vernetzt. Das ist das Internet der Dinge, im Branchenjargon kurz IoT für Internet of Things. Ganzjährig zu beobachten ist das Phänomen auch auf Crowdfunding-Plattformen wie Indiegogo und Kickstarter.

Smart muss nicht schlau sein

Mit smart im Sinne von klug hat das nichts zu tun, im Gegenteil. Zwei Fragen nämlich drängen sich selbst dem technophilen Beobachter immer wieder auf: Wozu soll das gut sein? Und was wird erfahrungsgemäß schiefgehen?

Warum etwa sollte jemand seine Schuhe mit dem Smartphone zumachen oder ein Live-Kamerabild aus seinem Kühlschrank aufs iPad streamen wollen? Warum sollte man auf seinem Smartphone einen Button drücken, der einen Schalter auslöst, der dann einen anderen Schalter betätigt? Und wie sicher ist wohl ein batteriebetriebener Safe mit WLAN und Bluetooth, der sich per iPhone-App und Touch ID öffnen lässt?

Wenn es nach Sean DuBravac geht, dem Chefökonom des CES-Veranstalters CTA, erleben wir gerade erst den Anfang des IoT. Als das erste iPhone vor neun Jahren auf den Markt kam, habe ein Beschleunigungssensor noch sieben Dollar gekostet, jetzt seien es weniger als 50 Cent, sagte er zu Beginn der Messe. Deshalb könnten nun immer mehr Geräte kostengünstig mit Sensoren ausgestattet und vernetzt werden. "Noch leben wir fast komplett in einer analogen Welt", sagte DuBravac. Die Menschen seien zwar von digitalen Geräten umgeben, aber den gesamten Alltag hätten diese noch nicht durchdrungen.

Probleme lösen, die niemand hat

Dieses "noch" war als Versprechen gemeint, ist nach derzeitigem Stand aber eher eine Drohung. Denn das IoT hat ein Imageproblem, und zwar zu Recht. Das liegt an der mangelnden Kompatibilität vieler Geräte, weil die Hersteller sich nicht auf gemeinsame Standards einigen können oder wollen. Es liegt an gehackten Barbie-Puppen, Schusswaffen und Kloschüsseln, weil viele Unternehmen, die jetzt anfangen, smarte Dinge auf den Markt zu bringen, das Thema Sicherheit für nachrangig halten. Vor allem aber liegt es an den unzähligen unausgegorenen bis schwachsinnigen Versuchen, beliebige Gegenstände mit dem Internet zu verbinden, nur weil es möglich ist.

Diese Zeilen sind nicht als Kreuzzug gegen Vernetzung und Sensoren zu verstehen. Der Autor ist immer noch begeistert und beeindruckt davon, wie das Internet, wie Software, Prozessoren und Sensoren in wenigen Jahren die weltweite Kommunikation und den Zugang zu Informationen verändert haben. Aber in gewisser Weise ist er auch Traditionalist: Wenn jemand ein Problem erkennt und eine technische Lösung dafür entwickelt, ist das großartig. Wenn jemand eine technische Lösung entwickelt und anschließend ein passendes Problem herbeifantasiert, das niemand hat - und im schlimmsten Fall nebenbei ein neues erschafft, das er nicht löst -, dann ist das Bockmist.

Welcher Mensch mit Verstand sollte sich also den smarten Schuh von Zhor Tech oder den WLAN-Safe der Firma First Alert kaufen? Oder anders gefragt: Wie stellt sich die erweiterte Technikbranche auf Messen wie der CES ihre Zielgruppe vor? Nun ja, man kann Idiot nicht ohne I-o-T buchstabieren.

IMHO ist der Kommentar von Golem.de. IMHO = In My Humble Opinion (Meiner bescheidenen Meinung nach)

Bitte aktivieren Sie Javascript.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
  • ohne Werbung
  • mit ausgeschaltetem Javascript
  • mit RSS-Volltext-Feed


Köln 19. Jan 2016

Ja da machen sie aber auch Sinn (zumindest zur Anzeige welches Gerät gerade selektiert...

Köln 19. Jan 2016

Ist doch egal wie viele Leser diese Meinung teilen. Es handelt sich um einen Kommentar...

ThadMiller 18. Jan 2016

Ja, mann könnte sie vielleicht "Slipper" nennen...

interlingueX 16. Jan 2016

Ah, die Premium-Version. Die gibt's aber erst zu Weihnachten :)



Aktuell auf der Startseite von Golem.de
Fehlerhaftes Pedal
Tesla muss Cybertruck zurückrufen

Tesla hat beim Cybertruck einen erheblichen Rückschlag erlitten. Das Unternehmen hat eine Rückrufaktion für fast alle 3.878 Cybertrucks gestartet.

Fehlerhaftes Pedal: Tesla muss Cybertruck zurückrufen
Artikel
  1. Ghost Shark: Australien zeigt Prototyp einer riesigen Unterwasserdrohne
    Ghost Shark
    Australien zeigt Prototyp einer riesigen Unterwasserdrohne

    Die Royal Australian Navy hat zusammen mit Anduril Ghost Shark vorgestellt, eine U-Boot-Drohne, die Aufklärungs-, Überwachungs- und Erkundungsmissionen durchführen soll.

  2. US-Airforce: KI-Dogfights gegen menschliche Piloten getestet
    US-Airforce
    KI-Dogfights gegen menschliche Piloten getestet

    Die US-Luftwaffe hat erfolgreich einen Nahkampf zwischen dem X-62A-Testflugzeug mit KI-Steuerung und einem bemannten F-16-Kampfflugzeug durchgeführt.

  3. Voodoo-X: Bastler bauen eine neue 3dfx Grafikkarte
    Voodoo-X
    Bastler bauen eine neue 3dfx Grafikkarte

    Mit originalen Chips und neuen Designtools soll die bisher beste 3dfx-Grafikkarte entstehen. HDMI und zuschaltbaren Speicher gab es bisher nicht.

Du willst dich mit Golem.de beruflich verändern oder weiterbilden?
Zum Stellenmarkt
Zur Akademie
Zum Coaching
  • Schnäppchen, Rabatte und Top-Angebote
    Die besten Deals des Tages
    • Daily Deals • Spring Sale bei Gamesplanet • Neuer MediaMarkt-Flyer • MindStar: AMD Ryzen 7 7800X3D 339€ • Bose Soundbar günstig wie nie • Samsung Galaxy S23 -37% • MSI OLED Curved 34" UWQHD 175Hz -500€ • Alternate: Deep Cool CH560 Digital Tower-Gehäuse 99,90€ • PS5-Spiele -75% [Werbung]
    •  /