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Geklaute Witze bei Twitter Verschüttet 'ne Frau ihren Saft...

Ein einziger Buchstabendreher kann Pointen urinieren, aber wem gehören sie eigentlich? Twitter löscht nun Witze, die Nutzer bei anderen geklaut haben. Aber ist ein 140-Zeichen-Gag ein geschütztes Werk?
Von Twitter gelöschte Tweets: Witzekopieren als Urheberrechtsverletzung

Von Twitter gelöschte Tweets: Witzekopieren als Urheberrechtsverletzung

Wer sich häufiger auf Twitter herumtreibt, kennt das Phänomen: Man lacht über einen cleveren Spruch, über einen kleinen Witz - und ein paar Tage später kreuzt derselbe Tweet wieder die eigene Timelime, gepostet von einem anderen Nutzer. Ein Fall von Tweet-Diebstahl.

Manche Nutzer machen das regelmäßig und ernten so die Lorbeeren, die man bei Twitter erlangen kann - Retweets, Favoritensternchen - mit der Idee eines anderen. Das irritiert nicht nur die Leser, sondern ärgert vor allem die Person, die sich den kopierten Tweet ursprünglich ausgedacht hat.

Diese Art von Tweetklau könnte künftig schwieriger werden. Twitter löscht nun auf Antrag schwarz kopierte Witze mit Verweis auf das Urheberrecht. Das Tech-Blog "The Verge" berichtet  von mehreren Fällen, in denen sich die Urheber der 140-Zeichen-Witze bei Twitter beschwert haben.

Die Urheberrechtsinitiative "Plagiarism Is Bad" hat demnach bemerkt, dass das Unternehmen nun mehrere kopierte Sprüche unter Verweis auf den Anspruch des Urhebers gelöscht hat. "The Verge" berichtet, dass eine Autorin aus Los Angeles einen der betroffenen Tweets verfasst und danach den Kurznachrichtendienst aufgefordert habe, die Kopien zu entfernen.

Die Urheberin habe Twitter erklärt, dass sie als freie Autorin auf ihre Witze angewiesen sei - und dass sie diese bei Twitter teste. Es handele sich also um geistiges Eigentum, das nicht verbreitet werden dürfe, ohne sie als Urheberin zu nennen.

Verschüttet 'ne Frau ihren Saft...

Der witzig gemeinte Tweet spielt im konkreten Fall wohl im Themengebiet juicing, also dem in manchen Großstädten herrschen Trend der auf Säften basierenden Ernährung. Er lautet frei übersetzt: "Habe gesehen, wie jemand seinen teuren Entgiftungssaft auf dem Bürgersteig verschüttet hat, und weiß jetzt, Gott ist auf meiner Seite." Nun ja.

Die Autorin namens Olga Lexell erklärte, sie habe bereits mehrmals um die Entfernung von Kopien gebeten, üblicherweise geschehe dies innerhalb weniger Tage ohne Rückfragen. Neu ist demnach der Hinweis auf das Urheberrecht.

Lexells Twitter-Account ist mittlerweile nicht mehr öffentlich einsehbar, möglicherweise aufgrund von Reaktionen, die ihr der Fall nun eingebracht hat. Ihre Twitter-Biografie enthält nun den Hinweis, sie sei eine "Autorin, die etwas zum Thema geistiges Eigentum gesagt hat".

Der Witztweet, der nun bei manchen Accounts gelöscht wurde, wird gerade von vielen Nutzern weiterverbreitet. Wie das halt so ist im sozialen Netz, wenn etwas gelöscht wird.

Kai Diekmann und die Schöpfungshöhe

Urheberrechtsverletzungen werden auf Twitter schon seit Längerem immer mal wieder gelöscht - meist betrifft dies jedoch geschützte Fotos und Filme. Neu ist die Argumentation bei eigenen 140-Zeichen-Botschaften. Die Frage ist, ob ein Kurzwitz schon ein urheberrechtlich geschütztes Werk darstellt.

Bislang gibt es keinen offiziellen Kommentar von Twitter zur Causa. Man verweist auf seine Geschäftsbedingungen und auf das in den USA geltende Urheberrechtsgesetz DMCA. Es nimmt auch soziale Netzwerke in die Pflicht, gegen Urheberrechtsvorletzungen vorzugehen.

In Deutschland gelten zwar auch die Twitter-AGB, doch in der Debatte um den urheberrechtlichen Status eines Tweets spielt hierzulande eine Frage eine zentrale Rolle: Ist bei einer Kurzbotschaft bereits die sogenannte Schöpfungshöhe erreicht, ab der das Urheberrecht greift? Die meisten Juristen sehen dort eine Grauzone.

Debatten um geklaute Witze auf Twitter gab es immer wieder, so etwa als "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann 2014 einen Witz postete, und ihm daraufhin vorgeworfen wurde, ihn vom Humoraccount @Regendelfin geklaut zu haben.

Diekmann verteidigte sich mit dem Argument, er habe nur "Internet-Strandgut" aufgesammelt.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels war zu lesen, dass der Witz Diekmanns zuvor vom Account @Regendelfin getwittert worden sei. Dies war aber gar nicht der Fall, der Witz kam von einem anderen Account. Wir haben den Text entsprechend geändert und bitten, den Fehler zu entschuldigen.

fab

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