Zwischen Gründungshype und Resignation

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Verfolgt man ein wenig, was in der Gründerszene kommuniziert wird, könnte man schnell den Eindruck gewinnen, dass die Szene ständig wächst und junge innovative Pioniere geradezu Schlange stehen, um Deutschland mit international oder national erfolgreichen Gründungen nach vorn zu bringen. Doch der Schein trügt. Die Zahl der Neugründungen sinkt seit 2004 kontinuierlich, das heißt, es finden sich immer weniger Menschen, die Selbstständigkeit als ein erstrebenswertes Ziel betrachten. Gleichzeitig verschwinden viele junge Unternehmen, die vielversprechend gestartet sind, lautlos wieder vom Markt.

Neulich stand ich ein wenig ratlos vor einem Laden in Berlin Schöneberg, der erst vor gut zwei Jahren eröffnet hatte. Die Scheiben waren mit Packpapier zugeklebt und an der Eingangstür klebte ein Zettel, auf dem die Inhaberinnen die Kunden darüber aufklärten, dass das Geschäft aus wirtschaftlichen Gründen leider geschlossen werden musste. Kein Einzelfall. Die Insolvenzen gingen zwar 2017 gerade bei jungen Unternehmen leicht zurück, das ist jedoch kein Zeichen dafür, dass es insgesamt gut um die Gründerkultur in Deutschland steht. 

2017 sind in Deutschland über 380.000 Gründer*innen in die unternehmerische Selbständigkeit gestartet. Und obwohl immer wieder betont wird, welch große Bedeutung Gründungen für unsere Volkswirtschaft und für die Gesellschaft haben, wird es jungen Unternehmer*innen nach wie vor schwer gemacht, das eigene Business aufzubauen. Egal ob man Start-ups ist, eine Unternehmensgründungen in der gewerblichen Wirtschaft, im Handel oder im Handwerk wagt. Vor allem für Existenzgründungen in den Freien Berufen gibt es kaum Kreditmöglichkeiten, an die die Gründer unkompliziert gelangen. 

Nun kann man orakeln, was die Ursache für den schwächelnden Gründungsmut ist. Die lahmende Konjunktur, die immer wieder herhalten muss? Fehlende Kunden, Sicherheitsdenken, mangelndes Interesse daran, sich für den Job abzurackern oder fehlende Unterstützung seitens des Staates. Sicher ist es eine Mischung und all das spielt eine Rolle. Dazu kommt dann noch, dass es vor allem jungen Unternehmen an gutem und qualifizierten Personal mangelt. Denn wer will, wenn er gut ausgebildet ist, schon zu einem Unternehmen gehen, das gerade erst am Start ist, von dem man nicht weiß, wie es sich entwickelt, und das vielleicht auch nicht besonders viel Gehalt zahlen kann, weil das Geld knapp ist. Da reicht es als Anreiz auch nicht, einen Kicker in den Vorraum zu stellen. Und so rackern sich viele Gründer selbst ab, zerreißen sich zwischen Verantwortlichkeiten, was sich meist negativ auf das eigentliche Kerngeschäft auswirkt oder Dysbalancen zwischen Arbeit und Privatem schafft. Das betrifft vor allem Unternehmer*innen, die in den sozialen Bereichen gründen.

Das Wort Krise ist ja mittlerweile abgegriffen und rundgelutscht, sei es durch die Zeitungskrise, die Eurokrise, diese Flüchtlingskrise oder jene Krise. Und so ist man in diesem Land und besonders auf der politischen Ebene offensichtlich schon so abgestumpft, dass gar keiner mehr wahrnimmt, dass diese Entwicklung wirklich Krisencharakter hat. Denn die Zahl der sinkenden Insolvenzen, kann die Zahl der sinkenden Unternehmensgründungen nicht abfangen. Da können Politiker sich noch so auf Gründerveranstaltungen mit den jungen Innovativen sonnen, noch so oft davon plaudern, dass es Aufgabe der Politik sei, wachstumsfreundliche Bedingungen für Gründer zu schaffen – es passiert einfach nichts.

Vielleicht brauchen wir wieder einen neuen Neuen Markt. Vielleicht brauchen wir aber auch einfach nur verlässliche Starthilfen für Gründer, die nicht Legislaturperiodenabhängig zum Spielball veränderungswütiger Minister werden oder mit solch hohen Hürden verbarrikadiert sind, dass man es schlicht nicht leisten kann, sie zu beantragen, weil man zu viel Zeit verliert. Gründer, die Arbeitsplätze schaffen, müssen unterstützt werden, es müssen Anreize auf den Tisch, die es jenen, die Ideen und den entsprechenden Mut haben, erleichtern, die ersten schwierigen  Jahre zu überstehen.