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Zeitverschwendung im Job E-Mails kosten einen Arbeitstag pro Woche

Wie viel Zeit vergeuden Sie mit überflüssigen Mails und sinnlosen Konferenzen? Die Unternehmensberatung Bain hat das jetzt ausgerechnet. Das Ergebnis ist erschreckend.
You've got mail: Rund 30.000 E-Mails trudeln jedes Jahr bei einer Führungskraft ein

You've got mail: Rund 30.000 E-Mails trudeln jedes Jahr bei einer Führungskraft ein

Foto: DPA

"Muss nur noch kurz die Welt retten … Noch 148 Mails checken" (Tim Bendzko)

Für viele Menschen beginnt der Arbeitstag schon in der U-Bahn: mit dem Lesen von E-Mails. Kaum im Büro angekommen, geht es los mit der ersten Konferenz, direkt danach folgt die zweite. Und das Ende des Postfachs ist noch lange nicht in Sicht. Also wird zwischendurch schnell weiter gelesen, gelöscht, geantwortet.

Wenn einer redet und alle tippen, ist das ärgerlich für den, der gerade spricht. Aber auch teuer fürs Unternehmen. 60 Millionen US-Dollar verliert ein Konzern mit 10.000 Mitarbeitern im Schnitt pro Jahr, weil die Teilnehmer in Meetings E-Mails lesen und schreiben statt zuzuhören. Das hat die Unternehmensberatung Bain ausgerechnet.

Die Berater haben untersucht, wie die Mitarbeiter von 17 US-Konzernen ihre Arbeitszeit verbringen. Das Ergebnis: Tausende Stunden werden jährlich mit überflüssigen E-Mails und Konferenzen vertrödelt. "Wäre Zeit tatsächlich Geld und würde sie auch so behandelt, hätten viele Unternehmen mit riesigen Verlusten zu kämpfen", sagt Bain-Partner Imeyen Ebong.

Von 40 Wochenstunden verbrachten die Mitarbeiter im Schnitt 21 Stunden in Konferenzen - und davon acht Stunden in solchen, die man problemlos hätte streichen können. Acht Arbeitsstunden pro Woche gingen für das Schreiben und Beantworten von E-Mails drauf - vier davon unnötigerweise.

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Für Führungskräfte sieht die Bilanz noch schlechter aus: Sie erhalten im Schnitt 30.000 E-Mails pro Jahr. Zusammengerechnet sitzt die Führungsmannschaft eines durchschnittlichen Konzerns 7000 Stunden in Konferenzen. Werden vorbereitende Besprechungen und Folgemeetings addiert, fallen insgesamt 300.000 Stunden an - oft ohne nennbares Ergebnis. Viele Meetings fänden nur aus reiner Gewohnheit statt, so die Berater.

In den Siebzigerjahren hätten Führungskräfte etwa tausend Anfragen pro Jahr bekommen - also nur ein Bruchteil dessen, was heute auf sie hereinprasselt. "Setzt sich diese Entwicklung fort, werden Top-Manager bald mehr als einen kompletten Arbeitstag in der Woche für elektronische Kommunikation aufwenden", sagt Ebong.

"Was nicht überwacht wird, kann auch nicht gemessen werden"

Für ihre Studie befragten die Berater Tausende Mitarbeiter, vom Teamleiter bis zum Vorstand, und analysierten ihre elektronischen Kalender und E-Mail-Aktivitäten. In einem der untersuchten Unternehmen schickten während eines Meetings zwei von zehn Teilnehmern alle 30 Minuten drei oder mehr E-Mails ab.

Die Berater empfehlen, für jedes Projekt Zeitbudgets festzulegen und diese so konsequent zu managen wie Finanzetats. Das bedeutet für sie allerdings auch: Mitarbeiter konsequent überwachen. Denn: "Was nicht überwacht wird, kann auch nicht gemessen werden." Für jedes neue Projekt solle ein eigener Businessplan angelegt werden, Konferenzen dürfen nur noch von bestimmten Personen einberufen werden, E-Mails sind in Meetings tabu.

Deutsche Unternehmen haben ein anderes Mittel gegen die Kommunikationsflut gefunden: löschen. Beim Autobauer Daimler können alle 10.000 Mitarbeiter E-Mails, die während ihres Urlaubs eintrudeln, automatisch entfernen lassen. Eine Abwesenheitsnotiz verweist auf den zuständigen Vertreter - und darauf, dass die soeben geschickte Nachricht gelöscht wurde.

Noch zeitsparender als Nachrichten zu löschen, ist nur eines: Sie erst gar nicht zu schreiben. Auf dieses Prinzip setzt die Telekom. Dort haben sich leitende Angestellte verpflichtet, Mitarbeitern nach Dienstschluss, am Wochenende und im Urlaub keine Nachrichten zu schicken.

Anm. d. Red.: In einer früheren Fassung dieses Artikels wurde der Eindruck erweckt, jede Führungskraft verbringe 7000 Stunden im Jahr in Konferenzen. Tatsächlich bezieht sich diese Zahl auf die komplette Führungsmannschaft. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.