Beacons? Da kann nur der gewinnen, der auch die Neugier der Kunden nutzt. Doch das ist nicht das einzige Spielfeld auf dem sich Händler fragen müssen, welche Angebote sie dem Kunden an jedem Punkt der Customer Journey machen können. Joachim Bader, Vice President und Member of the Board SapientNitro Kontinentaleuropa, sieht Händler aber im Multichannel auf einem guten Weg, wenn sie bereit sind, ihre Organisation zu wandeln und die Customer Experience mehr denn je in den Mittelpunkt rücken.

Joachim Bader, Vice President und Member of the Board SapientNitro Kontinentaleuropa
Joachim Bader, Vice President und Member of the Board SapientNitro Kontinentaleuropa

 
Sind die Händler bei Multichannel auf dem richtigen Weg?

Joachim Bader: Die Händler sind auf dem richtigen Weg – und erkennen, dass sie mehrere Faktoren beachten müssen: Erstens stellen viele Händler derzeit fest, dass sie ihre Digitalstrategien überarbeiten müssen, um der digitalen Transformation zu begegnen und die Wünsche ihrer Kunden zu treffen. Zweitens wird ihnen hierbei klar, dass oft auch die notwendigen technischen Systeme noch nicht multichannelfähig sind und sich die Strategien und Konzepte nicht mit den bestehenden Plattformen abbilden lassen. Und zuletzt geht damit auch die Notwendigkeit einher, dass die Organisation der Händler selbst sich noch wandeln muss – weg von der Denke in einzelnen Silos hin zu einem integriertem Arbeits- und Lösungsansatz. Unternehmen, die diese Punkte beachten, stellen die Customer Experience in den Mittelpunkt ihrer Arbeit und Angebote.

 

Customer Journey: "InStore-Digitalisierung spielt eine Hauptrolle."

 

Allein mit einer besseren Usability ist es da wohl nicht getan?

Joachim Bader: Händler müssen sich mehr denn je die Frage stellen, welche Angebote sie dem Kunden an jedem Punkt der Customer Journey machen können und wie sie ihn an der jeweiligen Stelle abholen können.

Die InStore-Digitalisierung spielt dabei eine Hauptrolle. Hier lassen sich zwei Trends unterscheiden:

1. Digitalisierung des Verkaufs und der Serviceangebote im Laden: Im Ladengeschäft erhält der Kunde die Möglichkeit, sich mit Hilfe von Tablets oder Digital Signage-Anwendungen selbst zu informieren und die Kaufentscheidung vorzubereiten. Mit diesen digitalen Beratungsangeboten oder Support-Stationen kann der Kunde Produktinformationen abrufen sowie Beratungstools und teilweise sogar Konfiguratoren für personalisierte Produkte verwenden. Gute Beispiele sind Marks & Spencer, New Balance oder auch der Burberry Store in London.

2. Mobile Commerce und Angebote der Marke im Store: In diesem Fall setzt der Kunde sein eigenes mobiles Gerät wie Tablet oder Handy ein, um im Laden Produktinformationen zu sammeln. Der Vorteil: Er kann seine Auswahl beispielsweise mit den Anforderungen abgleichen, die er vorab in seiner Wishlist festgelegt hat. Gelungen ist dies MediaSaturn oder REWE – sowie allen anderen Marken, die ein gutes digitales und mobiles Angebot haben. Essenziell ist, dass die Merkfunktionen und Beratungstools auf dem Handy oder Tablet und im Store funktionieren. In den USA ist dieses Vorgehen bereits stärker verbreitet als die InStore-Digitalisierung.

Digital verlängerter Umkleideraum bei Marks & Spencer (Foto: M&S)
Digital verlängerter Umkleideraum bei Marks & Spencer (Foto: M&S)

Ist der klassische Handel da experimentierfreudig genug?

Joachim Bader: Multichannel-Commerce und Digitalisierung verlangt natürlich auch nach Innovationsbereitschaft. Damit ist es im Handel nicht immer zum Besten bestellt. Im Fashion-Bereich sind Händler und Marken bereits gut für die Zukunft gewappnet, andere Branchen ziehen nach. Hinzu kommt, dass man von verschiedenen Spielfeldern der digitalen Innovationen nicht jeweils gleich große Wachstumsimpulse erwarten kann. Das Potenzial, das entsteht, wenn man das haptische Einkaufen und digitale Angebote kombiniert, ist noch lange nicht ausgereizt.

 

Strategie: "Es reicht nicht, einfach irgendwo ein paar digitale Endgeräte im Laden zu platzieren."

 

Ein Hemmschuh ist womöglich auch die Zielgruppe?

Joachim Bader: Natürlich kann es mit einer jungen Zielgruppe mehr Sinn machen, bestimmte digitale Ideen auszuprobieren. Aber das Interesse ist bei allen Kunden da. Entscheidend ist, welche Strategie ich als Händler oder Marke verfolge und welche Customer Experience ich in Zukunft bieten will. Es reicht nicht, einfach irgendwo ein paar digitale Endgeräte im Laden zu platzieren – das Angebot  muss in die entsprechende digitale Strategie eingebettet sein, damit eine schlüssige Beratung des Kunden gewährleistet ist.

 

Welches Potenzial haben Beacons?

Joachim Bader: Beacons haben erhebliches Potenzial. Aber auch diese müssen strategisch richtig eingesetzt werden. Der Erfolg oder Misserfolg hängt zudem davon ab, ob die Anbieter einen für den Konsumenten relevanten Mehrwert, also personalisierte Services und Angebote, liefern.

 

Haben Sie eine Idee, wie das aussehen kann?

Joachim Bader: Grundsätzlich gilt: Händler und Marken sollten die Neugier der Konsumenten auf Beacons nutzen. Empfehlungs-Algorithmen können dabei helfen, Alternativen oder Sonderangebote anzubieten – beispielsweise kann man den Kunden an ein Produkt erinnern, dass er vorab geliked oder schon einmal online gekauft hat.

Undifferenzierte Angebote zu machen, macht allerdings keinen Sinn. Vielmehr muss der Convenience-Faktor den Kunden überzeugen. Zudem ist es essenziell, dass die Anwendungsszenarien zur jeweiligen Marke passen. Ein Sportartikelhersteller wird anders auftreten müssen als ein Getränkeanbieter.