"Homers letzter Satz" von Simon Singh:Mathestunde mit den "Simpsons"

Die Zeichentrickserie "Die Simpsons"

Mathematik und die Simpsons haben offenbar mehr miteinander zu tun als gedacht.

(Foto: REUTERS)

In seinem Buch "Homers letzter Satz" erklärt Simon Singh einige der Geheimnisse der TV-"Simpsons" - die ein paar verrückte Mathematiker in die Serie hineingeschmuggelt haben.

Von Artur Senger

Den Tod eines alteingesessenen Springfieldianers hatten die Simpsons-Macher in der aktuellen Staffel - es ist schon die 25. - angekündigt. Aber natürlich bezieht sich der Titel dieses Buchs nicht auf irgendwelche Ablebensworte, sondern spielt an auf ein mathematisches Problem, Fermats letzten Satz - ein vertracktes Problem aus der Potenzrechnung, das der französische Mathematiker Pierre de Fermat im 17. Jahrhundert gelöst hatte. Aber Fermat hinterließ seinen Beweis nicht, und Generationen von Mathematikern versuchten, den Beweis für Fermats Satz nachzutragen, was erst im Jahr 1995 endlich gelang.

Einige Jahre später widerlegte Homer Simpson in der amerikanischen Zeichentrickserie beinahe diesen Beweis, indem er im wissenschaftlichen Übermut Zahlen an eine Tafel schrieb . . . Simon Singh, eine Art britischer Harald Lesch, hat für sein neues Buch die Mathe-Gags bei den Simpsons recherchiert. Sie tauchen dort sehr viel leiser auf als bei der Geek-Sitcom The Big Bang Theory. Man sieht hier, wie die Kulturindustrie selbst die Beziehung von Kulturindustrie und Naturwissenschaft thematisiert: Eine Gruppe befreundeter Physiker unterhält sich mit Vorliebe über den Science-Anteil der Science Fiction. So ähnlich funktioniert auch Singhs Buch.

Der Autor traf die Drehbuchschreiber der Simpsons in Los Angeles. Fünf von ihnen haben einen akademischen Hintergrund in Mathematik oder verwandten Fächern. Ihre Bachelorgrade haben sie in Harvard erworben. Den Physiker, Informatiker und Simpsons-Schreiber David S. Cohen zitiert Singh so: "Wenn man fürs Fernsehen arbeitet, ist man schnell unzufrieden mit dem, was man tut, weil man zum Niedergang der Gesellschaft beiträgt. Wenn man dann die Gelegenheit hat, das Gesprächsniveau zu heben - und vor allem die Mathematik zu rühmen -, gleicht das die Tage aus, an denen man Witze über Körperfunktionen schreiben muss."

Bildungsauftrag erfüllt

Die Simpsons erfüllen somit den Bildungsauftrag des Fox Network. Und Singhs Buch gelingt es, die Begeisterung für die Mathematik an den Leser weiterzugeben. "Homers letzter Satz" beginnt zwar ziemlich abschreckend mit einem unverständlichen Kracher über Differenzialgleichungen. Danach kann man mit deutscher Schulmathematik aber durchaus folgen, denn Singh erklärt die debattierten Konzepte besser, als es die meisten Lehrer könnten, und entkräftet damit das Vorurteil, dass Witze, die man erklären müsse, nicht mehr witzig seien.

Die meisten Begriffe sind auch gar nicht so fremd. Es geht um Primzahlen, das Dualsystem, die Kreiskonstante Pi und die Euler'sche Zahl e. Und mancher Joke, dem ein ganzes Kapitel gewidmet ist, hätte sich auch von selbst erklärt. Aber Singh zeigt, wie detailverliebt die Autoren an ihrer Serie arbeiten und wie sie lauter Knobelaufgaben für Mathefans darin verstecken. Gelegentlich erinnert er an Grampa Simpson, wenn er aus dem Erzählen nicht mehr rauskommt, darüber, wie damals im Jahr 1973 und dann im Jahr 1978 und, ob Sie es glauben oder nicht, 1987 dann wirklich!

Nun halten die Simpsons seit mehr als 25 Jahren Witze bereit für Jazzliebhaber und Horrorfilmfans, für Innenpolitikanalysten und eben auch für Mathematikfreaks. Die brauchen dieses Buch sicher nicht, aber jeder Normalo-Simpsons-Fan dankt für den Blitzzugriff auf ein ihm fremdes Feld und hat zudem ein Kompendium mit einigen der besten Simpsons-Folgen vor sich liegen.

Simon Singh: Homers letzter Satz. Die Simpsons und die Mathematik. Deutsch von Sigrid Schmid. Hanser Verlag, München 2013. 320 Seiten, 21,50 Euro. E-Book 15,99 Euro.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: